Verbesserung der Grundlagenausdauer im Radsport

Die Grundlagenausdauer bildet das Fundament für jede Form des Radsports. Sie beschreibt die Fähigkeit des Körpers, über einen längeren Zeitraum hinweg eine moderate Belastung aufrechtzuerhalten. Ohne eine solide Basis wird es schwierig, längere Distanzen durchzuhalten oder bei intensiveren Phasen die nötige Leistung abzurufen. Ein gut ausgebautes Fundament schont die Kohlenhydratreserven, was gerade auf langen Touren oder Rennen entscheidend ist. Es ermöglicht, die Energie effizienter zu nutzen und Ermüdung hinauszuzögern.

Physiologische Anpassungen durch Grundlagentraining

Regelmäßiges Training im Grundlagenausdauerbereich führt zu spürbaren Veränderungen im Körper. Das Herz wird kräftiger, was sich in einem niedrigeren Ruhepuls zeigt. Die Anzahl der Mitochondrien, der kleinen Kraftwerke in den Muskelzellen, nimmt zu. Diese Anpassungen verbessern die Sauerstoffversorgung der Muskulatur und steigern die Fähigkeit, Energie aus Fett zu gewinnen. Das Zusammenspiel der Muskeln wird geschmeidiger und effizienter.

Die Rolle des Fettstoffwechsels

Ein trainierter Fettstoffwechsel ist ein Schlüssel zur Ausdauerleistung. Im Grundlagenausdauerbereich lernt der Körper, vermehrt auf Fett als Energiequelle zurückzugreifen. Dies ist besonders vorteilhaft, da die Fettreserven nahezu unerschöpflich sind, im Gegensatz zu den begrenzten Kohlenhydratspeichern. Eine gute Fettverbrennung schont die Glykogenspeicher und ermöglicht es, auch über viele Stunden hinweg Leistung zu bringen, ohne vorzeitig die Energie ausgeht. Das Training im sogenannten GA1-Bereich (Grundlagenausdauer 1) ist hierfür ideal.

Trainingsintensität und -methoden für die Grundlagenausdauer

Das traditionelle ‘lang und ruhig’ im Wandel

Früher galt die Devise: Viel hilft viel, und das bedeutete vor allem lange, ruhige Ausfahrten. Dieses klassische Grundlagentraining, oft als GA1 bezeichnet, bildet nach wie vor eine wichtige Säule im Radsport. Es fördert die aerobe Kapazität, verbessert die Fettverbrennung und stärkt das Herz-Kreislauf-System. Doch die Trainingswissenschaft hat sich weiterentwickelt. Reine “Kilometerfresser”-Phasen sind nicht mehr die einzige Wahrheit. Studien und die Praxis von Profis zeigen, dass auch kürzere, intensivere Einheiten erhebliche Anpassungen bewirken können. Die Kunst liegt darin, diese verschiedenen Intensitäten sinnvoll zu kombinieren.

Die Integration von Intervalltraining

Intervalltraining, also das abwechselnde Belasten und Erholen, hat sich als effektives Werkzeug etabliert. Es gibt verschiedene Formen, die sich in Dauer und Intensität unterscheiden. Kurze, hochintensive Intervalle (HIIT) können beispielsweise die Laktattoleranz verbessern und die muskuläre Kraftausdauer steigern. Auch moderate Intervalle, die knapp unterhalb der anaeroben Schwelle angesiedelt sind, erzielen starke Anpassungen. Ein Beispiel hierfür sind die sogenannten “Spiked Efforts”, bei denen nach einer Phase intensiver Belastung nicht komplett ausgerollt, sondern im gleichen hohen Intensitätsbereich weitergefahren wird. Solche Einheiten können, richtig dosiert, ähnliche oder sogar stärkere Effekte erzielen als deutlich längere, ruhigere Fahrten.

Polarisiertes Training: Die Kombination macht’s

Polarisiertes Training beschreibt einen Ansatz, bei dem der Großteil des Trainings im sehr niedrigen Intensitätsbereich (GA1) stattfindet, ergänzt durch gezielte, hochintensive Einheiten. Nur ein kleiner Teil des Trainings bewegt sich im mittleren Intensitätsbereich. Diese Methode zielt darauf ab, die Vorteile beider Extreme zu nutzen: die breite aerobe Basis durch lange, ruhige Fahrten und die spezifischen Anpassungen durch kurze, harte Intervalle. Für Einsteiger ist es ratsam, sich zunächst auf den Aufbau einer soliden Grundlage zu konzentrieren und intensive Einheiten schrittweise zu integrieren. Die genaue Bestimmung der Trainingsbereiche, sei es über Herzfrequenz oder Leistung, ist hierbei entscheidend.

Die Trainingsintensität wird oft in verschiedene Zonen eingeteilt, die auf individuellen physiologischen Messwerten basieren. Eine gängige Einteilung umfasst:

  • Grundlagenausdauer 1 (GA1): Niedrige Intensität (50-77% der IANS), rein aerobes Training, Fokus auf Fettstoffwechsel und Ökonomie.
  • Grundlagenausdauer 2 (GA2): Mittlere Intensität (77-90% der IANS), dient der Kapillarisierung und verbessert die Fähigkeit, Laktat zu verarbeiten.
  • Entwicklungsbereich (EB): Höhere Intensität (90-110% der IANS), zielt auf die Laktatelimination ab.
  • Hochintensives Intervalltraining (HIIT): Sehr hohe Intensität, oft im anaeroben Bereich, zur Steigerung von Kraft und Laktattoleranz.

Die effektive Gestaltung des Grundlagenausdauertrainings erfordert eine intelligente Mischung aus verschiedenen Intensitäten. Reine “lang und ruhig”-Einheiten sind wichtig, aber die Integration von Intervallen kann die Trainingsergebnisse signifikant verbessern. Die richtige Balance und die individuelle Anpassung sind der Schlüssel zum Erfolg.

Bestimmung der Trainingsbereiche für Radsportler

Um das eigene Training im Radsport effektiv zu gestalten, ist es unerlässlich, die individuellen Leistungsbereiche zu kennen. Diese Bereiche helfen dabei, die Intensität von Trainingseinheiten präzise zu steuern und somit spezifische physiologische Anpassungen zu erzielen. Ohne diese Kenntnis läuft man Gefahr, entweder zu wenig oder aber zu viel zu trainieren, was den Trainingsfortschritt behindert.

Herzfrequenzbasierte Trainingszonen

Die Herzfrequenz ist ein weit verbreitetes Maß zur Bestimmung der Trainingsintensität. Sie spiegelt die aktuelle Belastung des Herz-Kreislauf-Systems wider. Verschiedene Modelle teilen die Herzfrequenz in Zonen ein, die unterschiedlichen Trainingszielen dienen. Typischerweise orientiert man sich an der maximalen Herzfrequenz (HFmax) oder der Herzfrequenz im Bereich der anaeroben Schwelle (HFSchwellenwert).

  • Grundlagenausdauer 1 (GA1): 60-70% der HFmax. Hier liegt der Fokus auf der Fettverbrennung und der Verbesserung der aeroben Kapazität.
  • Grundlagenausdauer 2 (GA2): 70-80% der HFmax. Diese Zone verbessert die aerobe Ausdauer und die Fähigkeit, Kohlenhydrate effizienter zu nutzen.
  • Entwicklungsbereich (EB): 80-95% der HFmax. Hier wird die Laktattoleranz und die VO2max trainiert.
  • Spitzenbereich (SB): Über 95% der HFmax. Diese Zone dient der Verbesserung der maximalen Leistung und der Laktattoleranz.

Die genauen Prozentwerte können individuell variieren und sollten durch Tests ermittelt werden.

Leistungsbasierte Trainingsbereiche (FTP)

Die Leistungsmessung mittels Wattmessgeräten hat sich im Radsport etabliert und bietet eine objektivere Methode zur Trainingssteuerung als die Herzfrequenz. Der wichtigste Wert hierbei ist die Functional Threshold Power (FTP), also die Leistung, die über eine Stunde aufrechterhalten werden kann. Ausgehend von der FTP werden Trainingsbereiche abgeleitet:

  • Kompensationsbereich (KB): Unter 55% der FTP. Dient der aktiven Erholung.
  • GA1: 56-70% der FTP. Fokus auf Fettstoffwechsel und aerobe Basis.
  • GA2: 71-80% der FTP. Steigerung der aeroben Kapazität und Glykogenspeicher.
  • Entwicklungsbereich (EB): 81-105% der FTP. Verbesserung der VO2max und Laktatschwelle.
  • Spitzenbereich (SB): Über 105% der FTP. Training der maximalen Leistung und Laktattoleranz.

Diese Watt-basierten Zonen ermöglichen eine sehr präzise Steuerung, da die Leistung weniger von externen Faktoren wie Ermüdung oder Temperatur beeinflusst wird als die Herzfrequenz.

Die Bedeutung individueller Leistungstests

Unabhängig davon, ob die Trainingsbereiche über Herzfrequenz oder Leistung bestimmt werden, sind individuelle Tests unerlässlich. Ein Laktattest oder ein Feldtest zur Bestimmung der FTP liefert die Grundlage für die Festlegung der Trainingszonen. Ohne diese spezifischen Daten ist eine zielgerichtete Trainingsplanung kaum möglich.

Die Festlegung der Trainingsbereiche ist kein statischer Prozess. Sie sollte regelmäßig überprüft und an die fortschreitende Form und die Trainingsergebnisse angepasst werden. Ein gut definierter Trainingsbereich bildet die Basis für ein strukturiertes und erfolgreiches Radsporttraining.

Ein typischer Leistungstest zur Bestimmung der FTP dauert etwa 20 Minuten, nachdem ein gründliches Aufwärmprogramm absolviert wurde. Die während dieses Zeitfensters erzielte durchschnittliche Leistung dient als Richtwert für die FTP. Alternativ kann auch eine Spiroergometrie im Labor durchgeführt werden, um die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) und die anaerobe Schwelle präzise zu bestimmen. Diese Tests liefern die Daten, um die Trainingsbereiche exakt auf den Athleten zuzuschneiden.

Praktische Trainingsgestaltung für die Grundlagenausdauer

Beispiele für Grundlageneinheiten

Das Fundament für jede Radsportsaison legt die Grundlagenausdauer. Lange, ruhige Ausfahrten sind hierbei der Klassiker. Eine typische Einheit im GA1-Bereich (Grundlagenausdauer 1) dauert oft drei Stunden oder länger. Die Intensität bleibt dabei moderat, typischerweise zwischen 60 und 75 Prozent der maximalen Herzfrequenz. Diese Fahrten fördern die Fettverbrennung und trainieren das Herz-Kreislauf-System auf eine Weise, die für lange Distanzen unerlässlich ist. Man kann diese Einheiten auch auf dem Rollentrainer absolvieren, besonders wenn das Wetter nicht mitspielt. Hierbei ist eine hohe Trittfrequenz von 80 bis 110 Umdrehungen pro Minute vorteilhaft, um die Effizienz zu steigern.

Integration von intensiven Einheiten

Das reine ‘lang und ruhig’ hat ausgedient. Moderne Trainingspläne integrieren gezielt intensivere Phasen, um die Leistungsfähigkeit weiter zu steigern. Eine Methode sind ‘Spiked Efforts’, bei denen über längere Zeit knapp unterhalb der anaeroben Schwelle gefahren wird, gefolgt von kurzen, intensiven simulierten Attacken. Nach einer solchen Attacke wird nicht etwa ausgerollt, sondern das intensive Tempo knapp unter der Schwelle beibehalten. Auch kurze, hochintensive Intervalle (HIIT) finden ihren Platz. Ein Beispiel hierfür sind 30 Sekunden maximale Anstrengung, gefolgt von 30 Sekunden Erholung. Solche Einheiten, auch wenn sie kurz sind, können starke physiologische Anpassungen bewirken.

Periodisierung des Trainings über das Jahr

Die Trainingsgestaltung passt sich den Jahreszeiten und den Zielen an. Im Winter liegt der Fokus klar auf dem Aufbau der Grundlagenausdauer mit vielen langen, ruhigen Einheiten. Der Frühling bringt eine Steigerung der Intensität und die Integration von spezifischeren Trainingseinheiten, die auf die ersten Wettkämpfe vorbereiten. Im Sommer und Herbst stehen dann die Wettkämpfe im Vordergrund, wobei die Trainingsintensität und der Umfang entsprechend angepasst werden. Eine gut durchdachte Periodisierung stellt sicher, dass die Form zum richtigen Zeitpunkt erreicht wird und Übertraining vermieden wird. Das Training wird in Phasen unterteilt: Aufbau, Erhaltung und Spitzenform.

Die Kunst liegt in der intelligenten Kombination verschiedener Trainingsformen. Es geht nicht um ein Entweder-Oder, sondern um ein Sowohl-als-auch, das auf die individuellen Bedürfnisse und Ziele abgestimmt ist.

Fortgeschrittene Aspekte des Grundlagenausdauertrainings

Die Rolle von ‘Spiked Efforts’

Das klassische Bild des Grundlagentrainings, geprägt von langen, ruhigen Ausfahrten, hat sich gewandelt. Moderne Trainingsansätze integrieren gezielt intensivere Reize, sogenannte ‘Spiked Efforts’. Diese kurzen, aber sehr intensiven Belastungsspitzen simulieren Rennaktionen und fordern den Körper auf eine Weise heraus, die reines Dauertraining nicht leisten kann. Sie bereiten Athleten darauf vor, auch in Ermüdungsphasen schnell auf Angriffe zu reagieren oder selbst Akzente zu setzen. Die Forschung und die Praxis von Profiteams zeigen, dass solche intensiven Einheiten, klug platziert, die Leistungsentwicklung positiv beeinflussen können, selbst wenn die reine Grundlagenausdauer noch nicht vollständig ausgebildet ist.

Krafttraining zur Unterstützung der Ausdauer

Krafttraining spielt eine oft unterschätzte Rolle bei der Verbesserung der Grundlagenausdauer. Es stärkt nicht nur die Muskulatur, die für die Kraftübertragung auf das Pedal entscheidend ist, sondern verbessert auch die Effizienz der Bewegung. Eine stärkere Muskulatur ermüdet langsamer und ermöglicht eine höhere Kraftentfaltung über längere Zeiträume. Zudem kann gezieltes Krafttraining helfen, muskuläre Dysbalancen auszugleichen und das Verletzungsrisiko zu senken. Übungen wie Kniebeugen, Ausfallschritte und Rumpfstabilitätstraining sind hierbei besonders relevant.

Erholung als integraler Trainingsbestandteil

Die Bedeutung der Erholung wird im Trainingsprozess oft vernachlässigt, ist aber für die Anpassung des Körpers unerlässlich. Ohne ausreichende Regeneration können die positiven Effekte des Trainings nicht voll zum Tragen kommen. Aktive Erholung, wie leichte Ausfahrten im Kompensationsbereich, fördert die Durchblutung und den Abtransport von Stoffwechselprodukten. Ausreichend Schlaf und eine angepasste Ernährung sind ebenfalls entscheidend. Die Kunst liegt darin, die Balance zwischen Belastung und Erholung zu finden, um Übertraining zu vermeiden und die Leistungsfähigkeit kontinuierlich zu steigern.

Die Integration von intensiven Reizen wie ‘Spiked Efforts’ erfordert eine sorgfältige Planung. Sie sollten nicht die Basis des Trainings bilden, sondern gezielt eingesetzt werden, um spezifische Anpassungen zu erzielen. Die Kombination aus langen, ruhigen Einheiten und kurzen, intensiven Belastungen bildet das Fundament für eine vielseitige und leistungsfähige Ausdauer.

  • Verbesserung der Laktattoleranz: Kurze, intensive Belastungen trainieren den Körper, Laktat besser zu verarbeiten.
  • Erhöhung der VO2max: Spitzenbelastungen fordern das maximale Sauerstoffaufnahmevermögen heraus.
  • Simulation von Rennsituationen: ‘Spiked Efforts’ bereiten auf unerwartete Tempoverschärfungen im Wettkampf vor.

Die Trainingsbereiche und ihre Effekte lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Trainingsbereich Herzfrequenz (% max. HF) Leistung (% FTP/FTHR) Hauptanpassung
Kompensationsbereich (KB) < 60% < 55% Regeneration, motorisches Lernen
Grundlagenausdauer 1 (GA1) 60-70% 56-70% Fettstoffwechsel, Grundlagenausdauer
Grundlagenausdauer 2 (GA2) 70-80% 71-80% Glykogenspeicher, Laktatschwelle
Entwicklungsbereich (EB) 80-95% 91-105% VO2max, Laktattoleranz
Spitzenbereich (SB) > 95% > 105% Laktattoleranz, Kraftausdauer

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Verbesserung der Grundlagenausdauer im Radsport ein vielschichtiger Prozess ist. Während lange, ruhige Fahrten nach wie vor ihren Platz haben, zeigt die moderne Trainingslehre, dass auch kürzere, intensivere Einheiten ihren Wert haben können. Es geht nicht darum, eine Methode über die andere zu stellen, sondern darum, die verschiedenen Trainingsformen intelligent zu kombinieren. Für Einsteiger ist es ratsam, sich langsam an intensivere Belastungen heranzutasten und auf eine solide Basis zu setzen. Letztlich ist es die Mischung aus verschiedenen Intensitäten und Umfängen, die zu nachhaltigen Fortschritten führt und das Radfahren zu einem echten Genuss macht.